Für Musik im Freien sorgten u. a. die Crazy Mountain Birds, die Inklusive Band im Vogelsberg. (Foto: Traudi Schlitt)

Winterbus, Wissensnetzwerke, Supermarkt-Flashmob

Ideen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Vogelsberg auf der ersten Mitmach- Konferenz

LAUTERBACH

Um dem Klimawandel zu begegnen und die siebzehn globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen, bedarf es Ideen von jedermann und jederfrau sowie den gesellschaftlichen und persönlichen Willen, etwas zu verändern.

Welche Ideen das sein können und wie die verschiedensten Akteure ihre Vorstellungen zusammenbringen und Menschen ins Tun kommen, das war Thema der ersten Vogelsberger Mitmach-Konferenz, die das BNE-Netzwerk Vogelsberg „Nachhaltigkeit lernen im ländlichen Raum“ am Freitag (05.05.) in der Adolf-Spieß-Halle in Lauterbach veranstaltet hat. Dazu eingeladen waren alle Menschen, die sich für das Thema Nachhaltigkeit interessieren, Vereine und Institutionen unterschiedlichster Form und Zielsetzung, Vertreter und Vertreterinnen politischer Gremien und Wirtschaftsunternehmen.

Foto: Jan Niemeier
Eindrücke von der Halle und von den Thementischen.

Und sie alle waren gekommen, wie Moderatorin Anna von Schnurbein erfreut feststellte. Zum Auftakt der Veranstaltung begrüßte sie als Hausherrn den Lauterbacher Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller und die Hauptorganisatorinnen und Hauptorganisatoren des BNE-Netzwerkes (Bildung für Nachhaltige Entwicklung) Dr. Sabine Schmalz (Geschäftsführerin des klimafaireins), Kirsten Wegwerth (Fachbereichsleiterin Kultur und Bildung für nachhaltige Entwicklung der VHS Vogelsbergkreis) und Jan Niemeier (AZN Naturerlebnishaus Kirtorf). Als Überraschungsgast war Silvia Fengler nach Lauterbach gekommen. Sie ist beim Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auch für die BNE-Netzwerke zuständig und zeigte sich beeindruckt von der Vielfalt der Veranstaltung im Vogelsberg, die auch Spiegel der Vielfalt der Region ist.

Foto: Traudi Schlitt
Im Außenbereich gab es bereits ein großes Angebot.

Besucherinnen und Besucher konnten sich schon im Außenbereich informieren und freuen, denn Nachhaltigkeit ist nicht spaß- und genussfrei: Kulinarische Angebote wie Unverpacktes von klimafairein oder in der Region hergestelltes Eis vom Auhof Frischborn luden zum Genießen ein. Der AZN Kirtorf, der Phönixberg in Herbstein oder die Grüne Liesl – allesamt Vogelsberger Einrichtungen, die einen Schwerpunkt auf Natur, Bildung und Nachhaltigkeit legen, machten schon hier im besten Sinn zum Mitmachangebote. Das Kreisjugendparlament als Vertretung der Jugend und der nachkommenden Generationen hat sich in verschiedensten Bereichen aktiv mit eingebracht. Musik, Theater, Workshops und Picknickfeeling bot die Wiese neben der Halle bei allerschönstem Frühlingswetter und schuf damit auch Platz für Familien mit Kindern, die die Mitmachkonferenz erleben wollten. Und einen Blick auf die kleine Flotte handlicher E-Mobile für Nachbarschaften konnte man im Außenbereich auch schon werfen. Das Lauterbacher Fahrradtaxi „Lastorado war mit drei Fahrzeugen seiner Flotte vor Ort und bot Testfahrten und Shuttle-Services für alle Besucherinnen und Besuchern an. Visuell bereichernd und inspirierend wirkte die „Gaya“, ein fluoreszierender Globus, der über der Veranstaltung zu schweben schien und von Dorte Sukavi und ihrem Team installiert worden war.

Foto: Traudi Schlitt
Viele Mitmach- und Infoangebote lockten an den Ständen.

In der Halle selbst bestach der Markt der Möglichkeiten mit einer großen Bandbreite, die deutlich machte, wie viel Potenzial und Wille in der Region steckt. Von den Landfrauen über die verschiedenen Naturschutzverbände bis hin zu den Aktivistinnen und Aktivisten des Gästinnenhauses und Gästehauses waren viele Akteure vertreten: Kirchliche Einrichtungen, inklusive Organisationen, kulturelle Vereine: Die Vulkanregion Vogelsberg präsentierte sich in ihrer ganzen Vielfalt vom Fachwerk bis zum Tourismus, die Fahrradverbände ADFC und VCD sprachen die Gäste an. Als nachhaltige Kulturorte präsentierten sich Ulrichstein und Ilsdorf. Auch das Bundesprojekt „Demokratie leben!“, Förderer des Tages, präsentierte seine Anliegen. Ein Rundgang durch diesen reichhaltigen Markt lohnte sich also sehr und öffnete vielen Besucherinnen und Besucher die Augen über die Möglichkeiten der Region.

Foto: Traudi Schlitt
Dominik Werner

Dies wollte auch Dominik Werner. Er ist Koordinator des Marburger BNE-Netzwerkes und Vogelsberger seit dreißig Jahren. Er lieferte den Gästen einen Impulsvortrag für den Start in die Arbeit an den Thementischen. „Wo können wir in Nachbarschaftsprojekten lernen? Wo aktiv werden?“, regte er zum Mitdenken an und sprach die vielen möglichen, teilweise unverhofften und überraschenden Verbindungen an, die auf der Mitmach-Konferenz ermöglicht werden könnten. Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen wirkten sich im Alltag der Menschen aus, so Werner, der es bemerkenswert fand, dass just einen Tag vor der Konferenz in Lauterbach der Bericht über das „Ja“ des Vogelsbergkreises zu der Eltviller Erklärung, also zur Umsetzung der UN- Nachhaltigkeitsziele, in den Medien war. „Was tun wir gegen den Klimawandel? Wie geht es weiter? Was können wir der Angst und Frustration über das langsame Vorankommen entgegensetzen?“

Foto: Jan Niemeier
Dominik Weber an den Thementischen.

Angesichts des Engagements der Menschen vor Ort sah Werner Grund zur Hoffnung und rief dazu auf, sich in dem Wunsch, die Zukunft gemeinsam und gut zu gestalten, zu bestärken. Dieser Wunsch wurde auch in den Antworten deutlich, die die verschiedenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf die Frage, warum sie an diesem Tag da waren, gaben: „Für meine Tochter“, „Um weiterhin die Welt zu retten“, „Um Netzwerke zu knüpfen“, waren Antworten. Mit diesem Ansinnen gingen die Gäste an die verschiedenen Thementische, bei denen es um „Energie und Ökonomie“, „Begegnungsräume für Jugend“, „Kultur und sozialen Zusammenhalt“, „Landwirtschaft und Ernährung“, „Mobilität“, „Naturschutz“ und „Wasser“ ging. Die unterschiedlichsten Ideen und Aktivitäten kamen hier zum Ausdruck: Von einem Winterbus zum Hoherodskopf, um dort den Verkehr zu entzerren, bis hin zu einem Verpackungsmüll-Flashmob vor den Supermärkten, um auf die Chancen regional erzeugter Lebensmittel aufmerksam zu machen, war vieles dabei: der Ruf nach einer Pflicht für Zisternen und der Nutzung von Brauchwasser, Ernährungsbildung in Schulen, eine Bühne für junge Kulturschaffende und unzählige weitere Ansätze, um den Vogelsberg nachhaltig und nachhaltig lebenswert aufzustellen.

Foto: Traudi Schlitt
Spaß und Kreativität gehörten mit zum Angebot der Mitmachkonferenz.

Die Ideen der World-Cafés sollen weiterverfolgt werden: Zu jedem Thema konnten sich die im Lauf des Tages sicher dreihundert Gäste als Mitglieder in Arbeitsgruppen anmelden. Diese wollen sich im Nachgang der Mitmach-Konferenz weiter treffen, um aus den Ideen Projekte werden zu lassen und an deren Umsetzung zu arbeiten.

Foto: Traudi Schlitt
Viele Möglichkeiten zur Information und zum Gespräch boten die Stände auf dem Markt der Möglichkeiten.

„Wir glauben an die Vielfalt, den Ideenreichtum und den Gestaltungswillen der Menschen im Vogelsberg“, sagt Dr. Sabine Schmalz. „Daher war es uns ein Anliegen, unsere Tore weit und für alle Interessierten zu öffnen. Denn so unterschiedlich diese auch sind, so eint sie doch der Wille, etwas zu bewegen.“ Basis für eine nachhaltige Entwicklung seien gerade das Miteinander unterschiedlicher Interessen und eine gute und respektvolle Streitkultur. Viele kamen zum Abschluss der Diskussionsrunden zu Wort, um ihren Eindruck zu schildern, so auch der Erste Kreisbeigeordnete Dr. Jens Mischak, der sich aktiv in den Gesprächen an den Thementischen beteiligt hatte. Er bedankte sich für die Organisation dieser gelungenen Veranstaltung. Er lobte insbesondere den wertschätzenden und lösungsorientierten Ansatz der Projektthemen, die sehr Unterstützens wert seien.

Mit der ersten Mitmachkonferenz ist der Vogelsberg auch in dieser Hinsicht ein Stück weitergegangen. Über die Ergebnisse wird man weiterhin reden müssen.

Foto: Traudi Schlitt
Für Begeisterung sorgte das Aktionstheater „Bien und Blum“.
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