Seit August steht die Kettennatter in der EU auf der Liste der invasiven Arten. Daher gibt es strengere Regeln für Halterinnen und Halter. (Foto: A. Strube)

Kettennatter macht Jagd auf Vögel, Säugetiere und Echsen

Tiere stehen auf Unionsliste invasiver Arten – Strengere Regeln für Halterinnen und Halter – Einschränkungen und Verbote – „Kein Grund, Tiere panisch loszuwerden oder auszusetzen“

GIESSEN

Von Kalifornien über die Kanaren nach Deutschland: Die Kettennatter, manchmal auch Ketten-Königsnatter genannt, hat für ein beinloses Tier bereits einen langen Weg hinter sich.

Maßgeblich ist der Mensch dafür verantwortlich, der seit vielen Jahren verschiedene Unterarten der hübsch gemusterten Kettennattern international züchtet, handelt und hält. Ursprünglich ist die Art in Mexiko und dem Südwesten der USA beheimatet. Als wärmeliebendes Reptil wird die bis zu eineinhalb Meter lange, ungiftige Schlange auch hierzulande in Terrarien gehalten. „Allerdings entkommen immer wieder mal Tiere oder werden mutwillig in die Freiheit entlassen, wo sie beträchtlichen Schaden anrichten können“, sagt der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich.

Denn: Die Tiere sind geschickte Jäger, stellen Vögeln, kleinen Säugetieren, Echsen und mitunter auch anderen Schlangen nach und machen auch vor unseren heimischen sowie geschützten Arten nicht Halt. Noch dazu sorgen wärmer werdende Sommer und seltenere Frostperioden im Winter dafür, dass sich die Tiere etablieren können. Damit sind sie ein Fall für das Regierungspräsidium, das genau das verhindern möchte. Die Bekämpfung invasiver Arten – egal ob Tiere oder Pflanzen – ist eine von vielen Aufgaben der Natur- und Artenschützer der Behörde.

Seit August steht die Kettennatter in der EU auf der Liste der invasiven Arten. Alle hier gelisteten 88 Arten haben gemeinsam, dass sie die biologische Vielfalt bedrohen und ganze Ökosysteme verändern. Invasive Arten gelten als der zweitwichtigste Grund für das weltweite Artensterben. Daher gibt es für sie besondere Regeln. „In der gesamten EU gelten grundsätzliche Einfuhr-, Haltungs-, Erwerbs-, Inverkehrbringens-, Zucht- und Transportverbote für die Arten der Unionsliste“, weiß Lisa Küchen vom Artenschutzdezernat des Regierungspräsidiums Gießen. Auch ein Freilassen der Tiere in die Natur ist verboten. Wer das dennoch macht und erwischt wird, muss mit hohen Bußgeldern rechnen. Trotzdem wurden auch in Deutschland schon Tiere in freier Wildbahn gesichtet. „Erste Nachweise in Baden-Württemberg lassen aufhorchen, da die Nattern auch Jagd auf geschützte Vögel und Reptilien, zum Beispiel Smaragdeidechsen, machen“, weiß die RP-Mitarbeiterin. Wildfunde wie diese müssen der EU gemeldet und sofort aus der Natur entfernt werden. Hier reicht es, das Regierungspräsidium zu informieren. Die Beschäftigten kümmern sich dann um alles Notwendige.

Auf der Unionsliste invasiver Arten werden übrigens alle Unterarten und Hybride der Kettennatter (wissenschaftlich Lampropeltis getula) geführt, also auch die oft in Haltung befindliche Kalifornische Kettennatter, die Gefleckte/Gesprenkelte Kettennatter, die Schwarze Königs-Kettennatter oder die Wüsten-Kettennatter. „Die Listung und die damit verbundenen Verbote bedeuten allerdings nicht, dass alle gelisteten Tiere, die in Haltung waren oder sind, eingeschläfert oder gekeult werden müssten“, betont die RP-Mitarbeiterin. Die Tiere dürfen so lange leben und in Haltung verbleiben, bis sie sterben – wenn einige Vorgaben bezüglich der Unterbringung eingehalten werden. Die Nattern müssen nachweislich garantiert ausbruchsicher, das heißt von allen Seiten geschlossen, untergebracht sein. „Freigang“, zum Beispiel im Garten, ist nicht möglich. Die Fortpflanzung muss unterbunden werden, entweder dadurch, dass nur Tiere eines Geschlechts gehalten oder aber Ei-Gelege zerstört werden. Die Züchtung, egal ob privat oder gewerblich, ist vollständig untersagt.

Halterinnen und Halter von Kettennattern müssen außerdem nachweisen können, dass sie ihre Tiere schon vor August 2022 beziehungsweise während der einjährigen Übergangsfrist (bis August 2023) erworben oder gehalten haben. Als Beleg dienen Herkunftsnachweise von Vorbesitzern, Kaufbelege, Rechnungen oder Zuchtunterlagen. Diese sind den zuständigen Behörden auf Verlangen vorzulegen.

„Es besteht also kein Grund, Tiere panisch loszuwerden oder auszusetzen“, fasst RP-Mitarbeiterin Lisa Küchen zusammen. Ein Aussetzen von Haustieren stellt zudem immer einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar und im Fall invasiver Arten zudem einen Verstoß gegen Naturschutzrecht, der mit hohen Bußgeldstrafen verbunden ist.

Wer Unterlagen benötigt, die den legalen Besitz über 2023 hinaus legitimieren, oder Fragen hat, kann sich an die zuständige Natur- und Artenschutzbehörde der Regierungspräsidien wenden.

Weitere Informationen zum Thema Biodiversität und invasive Arten gibt es auf der Internetseite des Regierungspräsidiums Gießen (https://rp-giessen.hessen.de/natur/naturschutz/biodiversitaet-biologische-vielfalt-erhalten).

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