Ihr neues Programm soll Familien mit einem psychisch belasteten oder erkrankten Elternteil helfen. Dafür setzt sich die Arbeitsgruppe der engagierten Sozialpädagoginnen mit (von rechts) Ira Steigel, Viktoria Vogelbacher, Nicole Spohr, Chiara Willhardt und Nicole Hüther ein. (Foto: Eichhof Krankenhaus)

Zurück in eine geordnete Alltagsspur

Neues Programm der Vogelsberger Lebensräume mit Kooperationspartnern für psychisch belastete Eltern und deren Kinder

LAUTERBACH

Probleme bei der Versorgung der Kinder – Eltern sind kraftlos, bedrückt oder haben eine Abhängigkeit und können ihren Sprösslingen keinen geordneten Alltag bieten. Hierfür haben die Vogelsberger Lebensräume (VLR), das Beratungszentrum Vogelsberg, der Familienservice „Frühe Hilfen“, die Jugendhilfe Feldatal und der Vogelsbergkreis ein Projekt aus der Taufe gehoben, um einem Kreislauf mit steigender Tendenz entgegenzuwirken und Betroffenen Unterstützung bzw. Hilfe bei der Rückkehr in ein strukturiertes Familienleben anbieten zu können. Start des kostenlosen Programms „Läuft bei uns!“ ist am 3. April dieses Jahres.

Mama mag nicht aufstehen, der Papa ist nicht ansprechbar oder will nicht gestört werden und die Kinder müssen sich das Schulbrot selbst machen. Solche Fälle sind keine Seltenheit und können darauf hin deuten, dass Erziehungsberechtigte psychisch belastet oder suchtabhängig sind und sich nur eingeschränkt um den Nachwuchs kümmern können.
Für Ira Steigel von der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle der VLR in Lauterbach ist das nicht neu. Bereits im Jahr 2019 kam ihr anlässlich einer Fortbildung zum Thema „Psychisch kranke Eltern“ die Idee, gemeinsam mit Fachkräften aus anderen Institutionen und Einrichtungen ein Hilfsangebot für Betroffene zu initiieren. Workshops in Kitas und anderen Erziehungsbereichen zeigten bereits große Resonanz, ehe Corona das Projekt zunächst stoppte.

In 2021 nahm Ira Steigel gemeinsam mit Nicole Spohr, pädagogische Leitung im ambulanten Bereich der Jugendhilfe der VLR, einen erneuten Anlauf und die beiden erfahrenen Sozialpädagoginnen organisierten ein Netzwerktreffen, das auf zwei Ebenen fungierte: Zum einen, um andere Hilfsorganisationen ins Boot zu holen und zweitens, um mittels einer Arbeitsgruppe ein Angebot an Familien aller Ausrichtungen – ob alleinerziehend, mit zwei Elternteilen oder in Patchwork-Form – zu formulieren, das neben Erziehungsberechtigten auch Angehörige und Freunde mit einschließt.

Geordnetes Miteinander gewünscht

Unter dem Motto „Läuft bei uns!“ geht das Programm nun an den Start und der Name ist Programm. „Ob lustig, stressig, chaotisch, laut oder leise, zu Hause oder bei uns in den Gruppen, die ganze Facette einer Familie soll hier abgebildet werden und wir möchten Eltern und Kindern in unterschiedlichen Gruppen die Möglichkeit geben, sich im Austausch mit anderen Betroffenen und mit Unterstützung durch unser Team einen Weg zurück in ein geordnetes Miteinander zu finden“, sagt Ira Steigel, die gemeinsam mit Nicole Spohr, Nicole Hüther, Chiara Willhardt (alle VLR) sowie Viktoria Vogelbacher von der Sucht- und Erziehungsberatung beim Beratungszentrum Vogelsberg die aktive Arbeitsgruppe bildet und die Gruppensitzungen organisiert und begleitet.

„Wir führen zunächst Einzelgespräche mit Interessierten und eruieren, ob der Wunsch nach Veränderung der häuslichen Situation so stark ist, dass die Kinder, aber auch andere Beteiligte einbezogen werden können, ohne dass ein Gefühl von Scham unser Hilfsangebot konterkariert“, erläutert Nicole Spohr die Vorgehensweise. Sie weiß, wie alle Beteiligten der Arbeitsgruppe auch, dass die Erkenntnis, Dinge zu ändern, von den Betroffenen kommen muss.

Tabus aufbrechen

„Wir sind keine Selbsthilfe- oder Therapiegruppe, sondern ein Training für alle Beteiligten, sich mit der Krankheit auseinander zu setzen, die Kinder einzubeziehen und mit ihnen zu sprechen, vor allem aber, um Tabus aufzubrechen“, bestätigt Viktoria Vogelbacher. Sie kennt die Auswirkungen der Beeinträchtigung eines Elternteils auf die Familie, die Kinder und Jugendlichen, aber auch auf Angehörige und Freunde.

Eine strikte Vorgehensweise gibt es in der Arbeitsgruppe nicht, dennoch steht ein Konzept hinter dem Eltern- und Kindertraining, um die verschiedenen Gruppensitzungen mit Inhalt zu füllen. „So unterschiedlich wie Familien sind und so unterschiedlich, wie die heimische Situation sich darstellt, so unterschiedlich wird auch unsere Vorgehensweise und der Austausch mit den Mitwirkenden sein. Unser Konzept dient als eine Art Leitfaden“, erklären die Sozialpädagoginnen Nicole Hüther und Chiara Willhardt, die aus der Erfahrung in der Arbeit mit Jugend- und Familienhilfe genau wissen, dass sich Umstände völlig individuell darstellen.

Das Programm mit Gruppensitzungen von jeweils sechs Modulen a eineinhalb Stunden und geteilt nach Eltern und Kindern findet zunächst in der HueD-Einrichtung „Alte Gärtnerei“, An der Wascherde 2, in Lauterbach, statt. Später sollen andere Standorte folgen. Die Kinder werden altersgerecht in unterschiedliche Gruppen eingeteilt. „Die Bedürfnisse von Jugendlichen sind anders als die von Kindern. Diesem Aspekt tragen wir natürlich Rechnung“, erläutert Nicole Hüther.

Das Angebot ist zunächst kostenlos, dennoch hoffen alle Akteure auf Spenden für das Projekt bzw. mittelfristig auf eine Zusammenarbeit mit den Krankenkassen. Auch die  Übernahme von Patenschaften sei möglich, um Betroffene zu unterstützen oder sich um die Kinder zu kümmern, erklärt Nicole Spohr und fügt an, dass dies auch möglich sei, wenn man nicht miteinander verwandt oder befreundet ist.

Kontakt und Information
Ira Steigel
Mobil 0151 55025928
i.steigel@vb-l.de
oder
Nicole Spohr
Mobil 0151 55025922
n.spohr@vb-l.de

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